Unsere Motivation für die Öffentlichkeit 1

Ein Problem, das wir lösen möchten

Am 25. März 2021 kippte das Bundesverfassungsgericht den sogenannten Berliner Mietendeckel in Folge einer Normenkontrollklage. Tausende Bürger:innen müssen jetzt Mietzinsen nachzahlen, von Geld, das sie nicht haben. Ein vermeidbares Chaos und wohl die Folge inkonsequent umgesetzter Wohnungspolitik des Berliner Senats. Der Stadt Brandenburg an der Havel ist in den letzten 10 Jahren ein Schaden von etwa 2,5 Millionen Euro für Strafzinsen entstanden, weil sie Mittel für die Stadtplanung nicht fristgerecht eingesetzt hat. Obwohl die Mehrheit der Bürger:innen von Brandenburg sich zum Beispiel für eine Verkehrsberuhigung der Altstadt einsetzt, werden schon beschlossene Maßnahmen nicht umgesetzt. Bezieht man die Öffentlichkeit von Beginn an in kritische politische Entscheidungsprozesse ein, entstehen seltener unbeliebte Entscheidungen.

Diese Beispiele sind nur zwei von unzähligen Fällen, in welchen Kommunal-, Landes- und Bundespolitik grob an den Interessen der Bürger:innen, vorbei regiert haben. Die Gründe für Politikversagen sind das Lieblingsthema etablierter Talkrunden und privater Tischgespräche. Abgesehen von diesen konkreten Beispielen, ist die Liste unpopulärer Entscheidungen nicht enden wollend: von inkonsequenter und unregulierter Migrationspolitik bis hin zum verleugnenden Umgang mit dem Klimawandel … wenn ich in meine Suchmaschine „Politik“ eintippe, ist die erste Autovervollständigung „Politikversagen“.

So ist das nun mal – so war das schon immer

Es gibt Menschen, die meinen, so sei Politik nun einmal. Das lässt sich nicht lösen. Es wird immer Menschen geben, die unzufrieden sind. Und polarisierende Entscheidungen gab es schon immer. Ja, das stimmt. Es ist nicht möglich, es allen recht zu machen. Aber es gibt definitiv die Möglichkeit, Politik so zu gestalten, dass nicht die überwiegende Zahl der Menschen mit Zukunftsängsten am Existenzminimum lebt. Und dass etwas „schon immer so“ gemacht wurde, ist kein Argument dafür, es weiterhin so zu machen, sondern höchstens ein faules Beispiel für einen sogenannten Sein-Sollen-Fehlschluss.*

Ein wesentlicher Faktor, warum sich in der „professionellen“ Politik schon so lange nichts mehr geändert hat, ist, dass zu wenige Bürger:innen das „Handwerkszeug“ haben, ihre Vertreter:innen zur Verantwortung zu ziehen. Stellt euch vor, schlecht gemachte Politik hätte tatsächliche Konsequenzen. Alle bekämen es mit, wenn jemand seine Wahlversprechen nicht einhält. Und dann würde er oder sie nicht wiedergewählt oder sogar frühzeitig durch ein Misstrauensvotum seines bzw. ihres Amtes enthoben. Stellt euch vor, mehr und mehr Menschen würden sich der Mittel der Einflussnahme auf Politik bedienen. Und zwar nicht nur, indem sie alle paar Jahre ein Kreuzchen machen. Durch die rege Beteiligung an Bürger:innenbegehren, Planfeststellungsverfahren oder kommunalen Interessenvertretungen ist schon viel Gutes entstanden.

Ihr ewigen Nörgler:innen

Ich wette, manche denken jetzt: „Das ist doch nichts Neues“, „Die Leute wollen sich nicht beteiligen“ und „Das funktioniert doch eh nicht!“ Darauf antworte ich: „Ja, stimmt“, „Nein, da bin ich anderer Meinung“ und „Woher wollen wir das wissen, bevor wir‘s ausprobiert haben?“           
Menschen beteiligen sich nicht, weil die Möglichkeiten politisch mitzumachen in Deutschland bürokratisch und unübersichtlich sind. Darüber hinaus wird die Beteiligung an Politik meist nicht gerade mit Spaß in Verbindung gebracht. Politik ist anstrengend, kompliziert, langweilig oder macht schlechte Laune. So die landläufige Meinung in der Öffentlichkeit. Aber muss das so sein?

Was wäre wenn …

Was wäre zum Beispiel, wenn es um die Ecke ein nettes Café gibt, in dem der Kuchen super schmeckt und man sich unkompliziert und kostenlos zu politischer Beteiligung beraten lassen kann? Kein kahles Politbüro oder eine farblose Behörde, sondern ein gemütliches „Wohnzimmer“. Es läuft Musik, ihr könnt euch mit einem Tee wärmen oder einem Bier zuprosten und daneben etwas über das Grundgesetz oder Beteiligungsverfahren lernen. Unser Projekt, die Öffentlichkeit, ist ein Ort, der das alles möglich macht, und noch viel mehr.

Bleibt dran – im nächsten Newsletter gibt es Teil 2 unserer Motivation für die Öffentlichkeit, mit Schwerpunkt auf den besagten Ort, das Demokratiecafé.

* Mini-Exkurs Philosophie: Ein Sein-Sollen-Fehlschluss (siehe auch Humes Gesetz) liegt vor, wenn jemand aus einer reinen Feststellung, z. B. „Eheschließungen fanden immer zwischen einem Mann und einer Frau statt.“, einen Soll-Satz ableitet, z. B. „Eheschließungen dürfen nur zwischen einem Mann und einer Frau stattfinden.“

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